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Kommentar: Coutinho ist nicht Gerrard oder Carragher

Eine Nacht ist nun vergangen, um die Geschehnisse für sich selbst einzuordnen. Ich denke, dass Selbstreflexion wichtig ist.

Sonntag, 7. Januar 08:50 Uhr: Ich sitze mit einer Tasse Kaffee vor dem Notebook und starre ein eingerahmtes Bild von Michael Jordan an (Basketball-Kenner werden wissen was mit “Last Shot” gemeint ist).

Ich schweife in Nostalgie, fühle mich wieder in meine Jugendzeit zurückversetzt. Neben meinem heißgeliebten LFC, war Basketball immer meine zweite Leidenschaft. In beiden Fällen hat es für keine höhere Bestimmung gereicht. Doch was will ich damit sagen? Ich blicke auf das Bild, und bin gleichzeitig dankbar MJ in seiner “Prime” gesehen haben zu dürfen. Jordan war mein Hero, mein absoluter Hero. Sehe ich mir auf YouTube Compilations oder “Be Like Mike” an, lösen das immer noch unglaubliche Glücksgefühle in mir aus. Für mich ohnehin die beste Sport Commercial aller Zeiten.

Wird es eines Tages so sein, dass ich mich gerne an Coutinho-Momente zurückerinnere? Vielleicht. Emotional hat mich der Wechsel nicht berührt, zu sehr hat Fernando Torres dem Fandasein eine heftige Narbe verpasst. Heute Morgen musste ich allerdings etwas relativieren, irgendwo beschäftigt mich der Wechsel dann doch.

Wie Klopp im gestrigen Interview bereits sagte, es ist immer hart, sich von Personen zu verabschieden. Allerdings sind beide Situationen emotional nicht zu vergleichen, wahrscheinlich auch deshalb, weil der Wechsel nur eine Frage der Zeit war. Für die Jungs wiederum, dürfte der Abschied viel schwerer gefallen sein. Ein Freund ging.

Blicken wir zurück: Ex-Manager Brendan Rodgers verpflichtete im Winter einen brasilianischen Bankdrücker aus Italien. Viele Fans nahmen diesen Transfer mit Schulterzucken zur Kenntnis. Die Saison war zu diesem Zeitpunkt ohnehin gelaufen. Niemand konnte ahnen, wohin die Reise des Philippe Coutinho Correia gehen wird.

Nun, sechs Jahre später verlässt die beste Nummer 10 der Vereinsgeschichte den Liverpool Football Club. Als Südamerikaner 6 Jahre im kalten Liverpool zu verbringen, gleicht nicht gerade einem Austauschjahr. Coutinhos Kinder wurden hier geboren, er selbst dürfte sich trotz seiner bescheidenen Sprachkenntnisse dennoch ein wenig wie ein “Scouser” gefühlt haben.

Lucas Leiva, der zehn Jahre seines Lebens im Nordwesten Englands verbrachte, war sicherlich ein entscheidender Faktor, dass sich Coutinho in ein warmes Nest legen konnte. Ob er will oder nicht, Liverpool wird immer eine Rolle in seinem Leben spielen. Immer. From zero to hero.

Er wird ohne Zweifel dankend an viele schöne und warme Momente zurückblicken, die er in Barcelona nicht mehr vorfinden wird. Messi mag zwar der beste Kicker sein, den die Menschheit je gesehen hat, aber die Erfahrung, die er mit Steven Gerrard machen durfte, ist unbezahlbar. Alles hat seine Vor- und Nachteile. Torres ist sich heute bewusst, dass Liverpool mehr als nur ein Klub für ihn war.

Nun, sechs Jahre gehen auch nicht einfach an einem Fan spurlos vorbei. Zu schön war der Moment, als er gegen City das Siegestor schoss Zu schön war der Augenblick, als er das Old Trafford mit einem Geniestreich zum Schweigen brachte. Zu sehr hat sich sein kindliches Lächeln in den Köpfen der Fans verankert. Er hat unbestritten seine Knochen für diese Farben hingehalten.

Fans blenden viele Sachen aus, Fans sind enttäuscht, Fans sind wütend – dabei vergessen wir, dass Fußballer in erster Linie Menschen sind, die ihren eigenen Weg gehen. Sei es Virgil van Dijk, Naby Keita oder eben er – es ist ein Teil dieses Geschäfts.

Couthino ist weder Gerrard, noch Carragher, noch Engländer, noch in Liverpool geboren, noch sonst in irgendeiner Art und Weise mit dieser Kultur verbunden, um das zu verinnerlichen, womit Menschen aufgewachsen sind.

Das Blut, was in den Adern dieser Menschen fließt, was es emotional auslöst, wenn der Liverbird auf der Brust getragen wird. Es war also klar, dass sich Coutinho nicht sein ganzes Leben nur noch einem Wappen mit größter Hingabe widmen wird.

Zudem müssen die Fans auch verstehen, dass wir zwar ein sehr geschichtsträchtiger Klub sind, aber die Gegenwart uns brutal überrolt hat. Wir produzieren keine Titel am Fließband, wie noch vor Jahrzehnten. Liverpool spielt heute nicht jede Saison um den Meistertitel oder um die Champions League. Zeiten ändern sich, Zeiten denen Fans folgen sollten, um sich nicht selbst zu blockieren. Die Karriere eines Fußballers kann zudem sehr kurzlebig sein.

Darüber hinaus ist es kein Geheimnis, dass sich Südamerikaner in Spanien am wohlsten fühlen. Sei es die Sprache, die Kultur, die Küche, das Wetter oder die Nähe zur Heimat. Das soziale Leben gestaltet sich eben viel einfacher, insbesondere für deren Familien.

Wenn du in den Favelas Brasiliens auf die Welt kommst, wirst du sicherlich nicht zuerst mit Liverpool in Berührung kommen, sondern mit Klubs, in denen Legenden wie Luis Pereira, Romario, Ronaldinho, Ronaldo, Rivaldo, Roberto Carlos oder Kaka einst spielten.

Nur logisch, dass sich dadurch Träume dieser Kids entwickeln. Für Coutinho war es eben jener Traum, eines Tages das Trikot des FC Barcelona zu tragen. Unabhängig davon, dass sich die Katalanen von “Més que un club” schon vor Jahren verabschiedet haben und andere Traditionen über Bord warfen.

Daher bleibt festzuhalten: Coutinho hat die Entscheidung des Klubs im Sommer trotz Schwierigkeiten letztlich akzeptiert und alles für Liverpool gegeben. Er hat Klub, Besitzer, Mitspieler, Trainer und Fans respektiert.

Er hat auf dem höchsten Niveau eine fantastische Halbsaison hingelegt und kann mit erhobenen Hauptes seine neue Herausforderung annehmen. Die Reds haben im Gegenzug viel Kohle erhalten. Nun gilt es, die große Lücke zu schließen. Denn wenn selbst King Kenny sagt, niemand sei größer als Liverpool, dann weißt du wie spät es ist.

Philippe, Du wirst diese Zeilen niemals lesen, dennoch will ich Dir auf diesem Wege Obrigado sagen. Obrigado, für die tolle Zeit im Stadion oder vor dem TV-Bildschirm. Ich wünsche Dir und deiner Familie für die Zukunft nur das Beste.

You’ll Never Walk Alone

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